Schluechterner WappenSCHLÜCHTERN

Der Hagerkopf und seine Ritterburg

(erstellt: H. Berressem, 2016, 2seitig)

Der Hagerkopf liegt nordwestlich von Schlüchtern, etwa eineinhalb Kilometer von Breitenbach entfernt. In Breitenbach entspringt das Hagerwasser („Hag“ leitet sich ab von „Hecke“, also das aus der Hecke entspringende Wasser), das südwestlich und südlich am Hagerkopf vorbeifließt und in Schlüchtern in den Riedbach mündet. Am südöstlichen Hangfuß entspringt eine Quelle. Die Wiesen im westlichen Bereich haben Feuchtstellen.

Der Hagerkopf ist ein Basalthügel mit einer Höhe von 305 bis 310 m ü NN. Er liegt nicht mehr auf Breitenbacher Gemarkung, sondern gehört zur Gemarkung von Schlüchtern.

Hagerkopf

Heutzutage liegt der Hagerkopf eingezwängt zwischen der Autobahn A66 und der Zugverbindung Fulda – Frankfurt. Der Geräuschpegel ist sehr hoch. Lauschig und abgelegen ist er heutzutage nicht mehr. Da er mit altem Baumbewuchs insbesondere an der südlichen und südwestlichen Seite und auf seiner Kuppe bewachsen ist, ist seine herausragende Lage nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

Er steigt vom Hagerwasser aus (250 m ü. NN) teilweise sehr steil 60 Meter hoch auf etwa 310 m ü. NN an. Diese Seite macht auch heute noch einen wildromantischen Eindruck, gerade wenn man von oben versucht, durch die Bäume hinunter auf das Hagerwasser zu schauen. Hier ist der schluchtartige Charakter deutlich sichtbar. Die nördliche Seite ist wesentlich flacher. Der Anstieg hier beträgt nur etwa 30 Meter. Auf der Höhe von 300 m ü. NN wirkt der Hügel flach. Hier befand sich im Mittelalter eine Ritterburg. Die Mauer verlief auf der 300 Meter-Höhenlinie und ist heute noch erkennbar. Im südlichen und südwestlichen sehr steilen Abfall kann man noch Mauerteile aufgesetzt sehen.

Sichtverbindungen:

Zur Zeit der Ritter war der Hagerkopf frei von Bäumen, so dass man weit ins Land hinein schauen konnte. Man sieht vom Hagerkopf auch heute noch Burg Brandenstein (340 m ü. NN). Bei schönem Wetter kann man über den Herolzer Giebel (321,7m ü. NN) bis zur Steckelsburg (460 m ü. NN) und zu der noch älteren ca. 1 Kilometer von der Steckelsburg entfernten Altenburg (514,7 m ü. NN) blicken. Ob bei sehr klarem Wetter und nachts über Feuersignale auch ein Sichtkontakt zu Burg Schwarzenfels möglich war, ist spekulativ. Ein Sichtkontakt zur Ohlwarte von Steinau (359 m ü. NN plus die Turmhöhe der Warte von ca. 6 Metern, also 365 m ü. NN) erscheint nicht völlig unwahrscheinlich, da die Sichtachse am Berg „Ohl“ mit 389 m ü. NN knapp vorbeiläuft. Vermutlich gab es auch auf der Hagerkopf-Burg einen Turm (Holzturm?), der, wenn er im südlichen Burgareal stand, diese Sicht hätte herstellen können.

Der Hagerkopf eignete sich für eine Burg:
Der Weg zur Burg verlief südlich und südwestlich am Steilhang. Er war daher gut zu verteidigen. Er verlief rechtsführend um den Berg, was typisch für Burgen war: da das Schild mit der linken Hand getragen wurde, war die dem Berg zugewandte, schwerttragende Körperseite für Wurfgeschosse von oben ungeschützt.

Der Aufgang zur Burg lag auf der relativ steilen Nordwestseite. Er war von oben her gut zu verteidigen.

Die Nordseite, bzw. die nordöstliche Seite ohne den extremen Hangabfall war mit einer wehrhaften Mauer umgeben. Ein Tor gab es hier nicht. Angreifer hätten es daher hier ebenfalls sehr schwer gehabt, in die Burg zu gelangen. Denkbar wäre auch, dass hier ein Graben ausgehoben war, der nach der Zeit der Burg verfüllt wurde. Eventuell gab es eine zweite Verteidigungslinie, deren Reste als rechtwinkliger Steinwall heute noch auf dem Plateau sichtbar ist (sie Nr. 7 in der Karte und der dazugehörenden Legende).

Nimmt man eine friedlich gesonnene Burgritterschaft an, kann man vermuten, dass sie einen wichtige Handelsverbindungen von Schlüchtern Richtung Fulda einerseits und von Schlüchtern Richtung Vogelsberg andererseits sicherstellte.

Nimmt man eine weniger friedlich gesonnene Burgritterschaft an, so wären Raubzüge z. B. ins Mordtal (Landrücken zwischen Schlüchtern und Flieden) schnell vom Hagerkopf aus zu organisieren gewesen: ein 10-Minuten Ritt, der Überfall und dann ein schneller Rückzug auf die steile Burg.

Legende zur Karte „ehemalige Burg Hagerkopf“

(Oktober 2016, Heidrun und Karl Georg Berressem, 2seitig)

Folgende Strukturen kann man im Gelände heutzutage noch entdecken:

Quelle alte Quellfassung am Hangfuß; das überlaufende Wasser fließt durch den Wald ins Hagerwasser

1 Ehemaliger Weg zur Burg; der ehemalige Weg kreuzt den heutigen Weg, läuft dann südlich an der Hangkante, kreuzt den heutigen Weg und läuft dann rechts neben bzw. oberhalb des heutigen Weges, stößt dann aber im Westen wieder auf ihn.
2 Aufgang zur Burg; er führt steil nach oben; heute nur noch als Rampe aus Steinen (Steinwall) sichtbar.
3 Ca. 10 Meter unterhalb des höchsten Punkts des Aufgangs ein ca. 3 Meter breiter ebener Streifen, der sich hangparallel nach Süden zieht (ehemaliger Vorhof?); nach Norden grenzt ein solcher Streifen nicht an.
4 Ehemalige Burgmauer
5 Die ehemalige Burgmauer ist noch teilweise als Steinmauer aufgesetzt sichtbar.
6 Steinrampe; Steine liegen als Wall bis in etwa die Hälfte des Hanges; vermutlich Stützrampen für die Burgmauer.
7 Steinwall von Norden kommend (ca. 45 Meter lang), dann nach Osten abknickend (ca. 35 Meter lang). Eine mögliche Erklärung für diese rechtwinklig abknickenden Steinwälle: Sie könnten eine innere Burgmauer gewesen sein, die die relativ flache leicht einnehmbare nördliche bzw. nordöstliche Burgmauer sicherte.
8 Eingang heutzutage, vermutlich der Eingang zu dem Hof, der hier nach der Zeit der Burg (ab dem 15. Jahrhundert) betrieben wurde. An dieser Stelle hat man die ehemalige Burgmauer eingerissen, da sie ihre Bedeutung verloren hatte. Die am Eingang noch bis zum Jahr 2015 liegenden großen Basaltsteine wurden etwa 20 Meter bzw. 40 Meter weiter geschleppt (siehe „X“ und „Y“). Mit ihnen wurden Sitzbänke und Tische konstruiert. Teilweise erkennt man noch die ehemaligen Behauungen der Steine.
9 Heutiger Weg
10 Alte Steintreppe: große Steine sind in breiten Treppenstufen zusammengefügt. Ob diese Treppe schon zur Zeit der Burg existierte, ist fraglich, zumal die Eingangstür in der Burgmauer an dieser Stelle ein Sicherheitsproblem dargestellt hätte. Denkbar ist es aber, dass die Betreiber des Hofguts, das ab dem 15. Jahrhundert hier existierte (Geschlecht derer von Lautern und ab dem Jahr 1688 der Familie Dehn-Rothfelser), diese Treppe als schnelle Fuß-Verbindung Richtung Schlüchtern anlegten. Außerdem waren sie so relativ schnell an der Quelle am Hangfuß, wobei zu vermuten ist, dass die Quelle ehemals weiter oben am Hang entsprang und nur heutzutage auf Grund der Grundwasserabsenkungen so weit unten liegt. Eine Brunnenfassung auf dem Hagerkopf ist bis heute nicht entdeckt worden. Eventuell wurde über eine Zisterne Regenwasser aufgefangen.

X Seit etwa 2016: Steine der ehemaligen Burgmauer und der Burg wurden als Unterbau für einen Tisch vom Eingang bis hierher geschleppt.
Y Seit etwa 2016: Steine der ehemaligen Burgmauer und der Burg wurden als Unterbau für einen Tisch vom Eingang bis zu dieser Stelle geschleppt; ehemalige Behauungen an den Steinen sind noch sichtbar.
Z Inschrift auf einer Eisenplatte, die auf einen eingemauerten Granitstein geschraubt ist:
„Haager Kopf (320 Meter)
Auf dieser vormals auch Haager Küppel genannten Anhöhe befand sich zunächst ein Burgsitz der Ritter von Altenburg und ab dem 15. Jahrhundert der Hof derer von Lautern, der im Jahre 1688 in den Besitz des Geschlechts Dehn-Rothfelser überging. Das Anwesen zerfiel vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.“
(Anmerkung: Laut Topografischer Karte 1 : 25 000 ist der Hagerkopf nur 305, maximal 310 m hoch.)

Weitere Strukturen auf der südlichen Hangseite wie die hangparallelen Steinaufsetzungen, das Steinrondell mit dem großen mittigen Stein und der mit Steinen rechts und links eingefasste sich nach oben schlängelnde Pfad (in der Nähe von Punkt 10) sind vermutlich nicht auf alten Steinmauerresten aufgesetzt, sondern aktuelle Spielereien.